Liebe Iryna,
am 07.03.2022 haben wir dich, deinen Mann und deine Tochter am Hauptbahnhof in Berlin kennengelernt. Wie der Zufall es wollte, waren wir an diesem Tag dort unterwegs und haben die vielen Flüchtlinge aus der Ukraine gesehen. Total erschöpft saßt ihr mit hunderten von anderen Ukrainern auf dem Boden, eure 11-jährige Tochter im Arm, verstört und nicht wissend was weiter passiert. Uns kamen die Tränen und für uns war klar, wir müssen helfen. Wir nahmen euch mit zu uns nach Hause, ihr ward ungläubig, wir waren zwiespältig über das was nun folgt....geht es gut. Ihr hattet eine kleine Tasche für die Flucht gepackt, 3 Tage ward ihr unterwegs. Das erste was ihr bei uns zu Hause gemacht habt, ausgiebig duschen, dein Mann benötigte eine Rasur und euer kleines Mädchen wollte baden. Wir haben schnell das Bett für euch gemacht, haben euch erstmal essen lassen und wir alle sind dann in einem komatösen Schlaf verfallen, es war zu viel, zu aufregen, zu ungewiss!
Nach 3 Wochen hatten wir euch eine Wohnung organisiert. Wir haben in unseren Hausrat gewühlt und haben festgestellt, wir haben viel zu viel. Wir haben alles zusammengepakt, dass ihr in eurer neuen Wohnung leben konntet, ihr kochen, essen schlafen....wohnen konntet.
Wir haben viele Tiefen durchlebt, Anträge mussten gestellt werden, verschiedene Behörden wollten diese. Oftmals waren die Anträge abhängig voneinander. Termine, zwingend notwendig, gab es keine. Ablehnungen waren also der Alltag, ihr resignierte und ich setzte mich mit dem bürokratischen deutschen System auseinander. Es erinnerte mich oftmals an den Zeichentrickfilm "Asterix und Obelix". Ohne Formular "X" kein Formurar "Y" keine Bewilligung "Z".
Auch das haben wir gemeinsam gemeistert. Allerdings war das Leben wieder nicht gut zu dir, du bekamst Krebs. Wieder musste vieles organisiert werden. Ihr musstet aus Arztpraxen unvermittelter Dinge gehen, ihr hattet kein Dolmetscher. Wir wollten vermitteln, allerdings war dort der Datenschutz im Weg.
Nach nunmehr 1,5 Jahren leiden, etlichen Krankenhausaufenthalten, vorenthaltenen Untersuchungen und Behandlungen, bist du jetzt in deiner Heimat. Allerdings wollten wir dich nicht im Zinksarg nach Hause schicken.
Du hast hier noch deinen Ehemann und deine Tochter, wir werden sie beide weiter begleiten und gut auf sie aufpassen.
Liebe Iryna, ich werde diesen Spendenaufruf starten, weil dein lieber Mann, der dich in deiner geliebten Heimat beerdigt hat, sich dafür überschuldet hat. Krankenhauskosten in Höhe von 1500,-€ haben wir übernommen, ohne zu wissen, ob wir dieses Geld jemals wieder sehen, die DAK weigert sich, da ein Muster 55 Formular fehlt, das Krankenhaus darf dieses Formular nicht ausstellen, der ambulante Palliativarzt meldet sich nicht und einen Hausarzt hattet ihr nicht. Desweiteren sind da noch die Beerdigungskosten, inkl der Überführung nach Kiew. Es war der Wunsch deines Mannes, dich im ganzen zu überführen, damit sich die erwachsenen Kinder von dir verabschieden konnten und dich in ihrer Nähe haben. Denn sie hatten dich seit dem 07.03.22 nur im Videochat.
Es gibt Menschen, von denen wir Solidarität empfangen haben. Sie arbeiten beim Undineprojekt in Berlin und dem evangelischen Hospiz in Berlin Lichtenberg. Ihnen gilt unser großer Dank. Wir sind auch unseren engsten Freunden und der Familie dankbar, die in den ersten Stunden uns unterstützt haben.
Wir alleine können die Masse an Geld nicht aufbringen, die benötigt wird um dein Mann wieder schlafen und essen zu lassen. Er hat noch eure Tochter, um die er sich kümmern muss, den Schmerz deines Todes verkraften muss. Leider kann und muss man es mit Geld aufrechnen, die Last der Schuld erdrückt einen. Ich persönlich denke, dass es auf diesem Wege gehen könnte, die Geldsorgen zu minimieren. Ich danke im voraus für jede noch so kleine Spende.
Wir lieben dich liebe Ira und weinen jeden Tag um dich. Unser versprechen ist, wir werden dich an deinem letzten Ort besuchen.