Hallo,
Ich bin Gwenn, 32. Im besten Alter endlich anzukommen, durchzuatmen, Zeit mit meinem wunderbaren kleinen Sohn (4) zu verbringen. Ein unbeschwertes Leben konnte ich nie führen, aber ich bin eigentlich optimistisch und nehme viele Unwegbarkeiten gelassen hin. Aufgewachsen bin ich mit einer schwer kranken Mutter, weitere Stationen in Kindheit und Jugend waren viele Notdienste, Pflegefamilien und eine Einrichtung der Kinderarche. Trotzdem habe ich seit ich 14 bin gejobbt und mein Abitur gemacht und im Anschluss im Ausland (Frankreich, Schweiz) gearbeitet und mir einen Studienweg überlegt. Aufgrund vieler tragischer Todesfälle in meinem direkten Umfeld, bei denen ich mehrmals direkt involviert war als pflegende Person, dem Pensum meines Studiums und einer Überlastung (Pendeln, Nachtschichten am Krankenbett, parallel gute Noten abliefern), habe ich meinen Weg nicht zu Ende gehen können. Kurz vor meinem Bachelor kam es zu einem Burnout/einer langen depressiven Phase. Dann kam mein kleiner Sohn zur Welt, mein größtes Glück und ich habe nach der Schwangerschaft/Elternzeit nach kleineren Jobs eine Anstellung in meinem Bereich gefunden und trotz fehlendem Abschluss antreten können. (Der Papa und ich sind nicht mehr zusammen, ziehen aber an einem Strang und kümmern uns liebevoll im Wechselmodell um unser Kind.)
Dann kam Corona und ich musste aus wirtschaftlichen Gründen gehen. Nach der ersten arbeitslosen Phase meines Lebens habe ich mich zu einer neuen Ausbildung entschlossen, die ich momentan im zweiten Jahr absolviere.
Nach vielen Stationen in meinem Leben, in denen mir trotz guter Einstellung die Puste ausging, steht nun die Diagnose Asperger-Austistin. So glücklich ich bin einen Namen für vieles zu haben, so unsicher bin ich was meine Zukunft angeht. Ich muss perspektivisch in Teilzeit gehen, da ich ein normales Pensum nicht mehr schaffe.
2011 habe ich beschlossen mutig zu sein und im Ausland zu studieren. Ich war voller Hoffnung und Elan und diese Entscheidung ist die schlimmste, die ich je getroffen habe. So schön es auch war, ich habe in jungen Jahren ohne Hilfe von außen, Beratung und Unterstützung durch Eltern o.ä. einen Kredit aufgenommen, der mir nun jede Luft nimmt. Dass ich nicht wie geplant wenige Jahre später einen gut bezahlten Job habe, konnte ich nicht wissen. Immer kam ein Schlag und der nächste und ich habe mich wirklich stets bemüht 120% zu geben um alles zu bewältigen. Es hat nicht funktioniert und vor 5 Jahren haben die Eltern meines Expartners den Kredit der Bank übernommen um uns die Zinsen zu ersparen. Das steht nun zwischen uns, wie man sich denken kann. Liebevolle Großeltern einerseits, andererseits kurz vor der Rente und ich werde es nicht schaffen. Nie. Ich kann nachts nicht schlafen, nicht planen und bin leider ziemlich alleine. Großeltern und Eltern sind verstorben oder mittellos. Ich weiß mir nicht mehr zu helfen. Einen Kredit bei der Bank zu nehmen geht für mich nicht, da mein Ausbildungegehalt gerade zum Leben reicht.
Ich zahle zurück, so gut ich kann, verzichte auf fast alles, aber es sind Kleinstbeträge und es ist kein Ende in Sicht.
Ich wende mich an euch, viele fremde Menschen, die vielleicht genauso empathisch sind wie ich. Hätte ich Mittel, würde ich sie geben. Vielleicht hört mein ewiger Existenzkampf irgendwann auf und ich kann das erste Mal in meinem Leben durchatmen.
Ich danke jedem, der meinen Text gelesen hat, von Herzen.
Liebe Grüße,
Gwenn, die durchatmen möchte