Hallo,
mein Name ist Stefan Italia, wir sind eine 6-köpfige Familie, ich, 39 Jahre alt, meine Frau 42 Jahre alt und unsere vier Kinder, 11, 8, 5 und 1 Jahr alt und leben in Oberbayern.
Unser Leben war eigentlich perfekt, bis uns mehrere Schicksalsschläge aus der Bahn geworfen haben, darum würde ich gerne unsere Geschichte mit anderen Menschen teilen.
2020 fing alles an, meine Frau war Schwanger, erwartete unser 5. Kind. Mit Freude durften wir erfahren das zu unseren 4 Mädchen ein weiteres dazukommen würde. Ihr Name wäre Julia gewesen. Die Schwangerschaft verlief ganz normal. Als meine Frau wegen einer Blasenentzündung ins Krankenhaus musste, wurde festgestellt, dass das Baby ein wenig zu klein war und wir deshalb nach München zu einem Spezialisten mussten. Dort wurde uns leider mitgeteilt, dass die Entwicklung des Kindes zu langsam war, Organe bzw. Gliedmaße nicht vollständig ausgebildet sind und es deshalb nicht überlebensfähig sein würde. Mit dieser Schockdiagnose mussten wir uns dann leider dazu entscheiden, einen Schwangerschaftsabbruch einzuleiten und das Kind vorzeitig zur Welt zu bringen. Da zu diesem Zeitpunkt Corona schon allgegenwärtig war, musste meine Frau das Kind alleine zur Welt bringen und auch den Aufenthalt im Krankenhaus alleine bewältigen, was unter diesem seelischen Ausnahmezustand hart an die Belastungsgrenze ging. Als alles Überstanden war, kehrte auch wieder etwas Normalität zurück ins Leben, der Alltag machte sich wieder breit.
Dann, einen Monat später, es war der 1. Mai, spielten unsere Kinder in ihren Zimmern Playmobil, ich sortierte mit unserer zweiten Tochter Playmobil unten im Wohnzimmer. Plötzlich rumpelte es und Mia, unsere älteste Tochter, damals 9 Jahre weinte und klagte über Kopfschmerzen. Als sie die Treppen runterkam, viel sofort auf, dass sie keine Kontrolle mehr über ihre Rechte Körperhälfte hatte. Ich fing sie dann die letzten Stufen auf und brachte sie in das Esszimmer. Dort musste sie sich zweimal übergeben und der Kreislauf brach zusammen. Wir alarmierten sofort den Rettungsdienst, dieser kam mit dem Verdacht auf ein Schädelhirntrauma auch sofort mit dem Hubschrauber. Sie wurde umgehend nach Schwabing geflogen, wir natürlich mit dem Auto hinterher. Wir dachten erst das sie vielleicht ausgerutscht und mit dem Kopf gegen die Wand geschlagen ist, kann ja immer mal passieren. Als wir dann im Krankenhaus angekommen sind, ging das ganze Dilemma los.
Angekommen auf der Station, wurden wir sofort zu ihr gebracht, da lag sie schon im künstlichem Koma. Unsere Tochter hatte auf der linken Gehirnhälfte einen Tumor, dieser führte zu einer Gehirnblutung und löste diesen Anfall aus. Damit hatten wir zu keiner Zeit gerechnet, Mia war sportlich aktiv, unter anderem in der Garde. War fleißig in der Schule, klagte nie über Kopfschmerzen usw. Uns wurde dann erstmal gut zugeredet, dass er operabel sei, dies aber schnell passieren musste, da jede Minute zählt. Die Entscheidung fiel uns nicht schwer, auch wenn es ein Eingriff am offenem Schädel war, wollten wir das sie so schnell wie möglich wieder Gesund wird. Auch das meine Frau in der Zeit bei ihr blieb, trotz ihres schweren Schicksalsschlages zuvor. Die Operation wurde dann auch gleich am nächstem Tag durchgeführt, diese verlief ohne Komplikationen. Als sie dann aus der Narkose erwachte, mussten wir feststellen das sie nicht mehr sprechen konnte, sie ihren rechten Arm und rechtes Bein nicht mehr richtig bewegen konnte. Das konnte sie zu dem Zeitpunkt noch nicht verstehen, da sie selber nicht wusste was passiert war. Ihre Stimme kam zum Glück wieder zurück und auch ihr geistiger Zustand war weitestgehend wieder so wie vorher, dennoch war sie extrem eingeschränkt, den rechten Arm konnte sie nicht mehr benutzen, ein stehen nicht mehr möglich. Trotzdem waren wir glücklich, dass sie alles gut überstanden hat, Reha und weitere Therapiemaßnahmen wurden in die Wege geleitet und wir freuten uns, dass sie nach insgesamt 5 Wochen aus dem Krankenhaus raus durfte. Dann begann alles wieder von vorne.
Das Tumorgewebe wurde zur Untersuchung eingeschickt, es stellte sich heraus, dass es ein bösartiger Tumor war, sie musste nochmals operiert werden, da weiteres Tumorgewebe bei der ersten OP nicht entfernt wurde, da es auf den ersten Bildern nicht erkennbar war. Des Weiteren kam noch eine Bestrahlung, so wie eine Chemotherapie hinzu. Reha wurde auf Eis gelegt und sie musste wieder in das Krankenhaus nach Schwabing. Als alles überstanden war durfte sie dann wieder nach Hause, an den Rollstuhl gefesselt, lies sie sich aber nicht ihren Lebensmut nehmen. Sie bekam eine Orthese für ihr Bein und konnte damit auch sofort wieder stehen und gehen, wir waren so stolz auf sie, es lief alles nach Plan.
Dann kam die erste Bestrahlung, 4 Wochen Jeden Tag nach München. Sie steckte das alles weg als wäre es ein Ausflug in den Freizeitpark. Auch als ihr die Haare ausgingen war sie immer noch super drauf und hatte Spaß am Leben. Leider mussten wir dann beim nächsten MRT feststellen das der Tumor wieder gewachsen ist, die folge dessen war, es musste eine weitere OP erfolgen. Wieder ein 2-wöchiger Krankenhausaufenthalt mit Mama und wieder steckte sie es weg als wäre nichts gewesen. Sie durfte wieder nach Hause ging in die Schule, durfte ihre Kommunion mit voller Freude erleben. Als wieder ein Kontroll-MRT erfolgte und festgestellt wurde sie müsse nochmals operiert werden, bin dann ich mit ihr in das Krankenhaus, da meine Frau zu dem Zeitpunkt psychisch kaputt war. Wieder überstand sie alles gut und sie durfte wieder nach Hause. Das dies aber kein Dauerzustand sein konnte, der Tumor zum Stoppen gebracht werden musste, war allen klar. Wir kamen mit viel Glück in eine Studie nach Würzburg. Hier wurden Patienten mit einer sogenannten Immuntherapie behandelt. Das hatte leider zur folge das sie nochmals operiert werden musste, um Tumorgewebe zu entnehmen. Nach dem ihr Blutplasma entnommen wurde, wurde dieses zusammen mit dem Gewebe des Tumors aufbereitet und eine Art Impfstoff entwickelt. Dieser wurde dann erst wöchentlich, dann monatlich verabreicht. Sie hatte alles gut vertragen, auch die ständigen Fahrten über 700km machten ihr nichts aus. Es schien alles super, der Wirkstoff arbeitete, Blutwerte im grünen Bereich und auch der Kontroll-MRT war unauffällig. Die Freude war natürlich riesengroß, auch das meine Frau unerwartet Schwanger wurde freute uns und vor allem Mia sehr, die Schwestern bekamen endlich ihren Bruder und das Leben schien annähernd wieder in die richtige Bahn zu laufen.
Als dann das Frühjahr 2021 kam änderte sich schlagartig wieder alles. Ich war in der Arbeit, als plötzlich meine Frau angerufen hat. Mia ist draußen, als sie zum Auto sind ausgerutscht und klagt über schlimme schmerzen im Oberschenkel. Im Krankenhaus wurde ein Oberschenkelbruch festgestellt, wieder OP, Gips und Rollstuhl. Der Transport nach Würzburg war somit auch extrem Schmerzhaft und wir mussten Krankenfahrten in Anspruch nehmen. Als der Gips nach 6 Wochen abkam, hatte sie ab dem Zeitpunkt Angst zu laufen und war dauerhaft an den Rollstuhl gebunden. Als dann auch in Würzburg das nächste MRT zeigte, dass wieder Tumorgewebe entstanden ist, brach für uns eine Welt zusammen. In einem nächsten Gespräch mit den leitenden Ärzten musste ich dann erfahren, dass sie den Kampf gegen den Tumor verlieren wird. Dieser hatte jetzt gestreut, auch andere Regionen im Kopf befallen. Das zog mir den Boden unter den Füssen weg, sie war zu diesem Zeitpunkt noch ganz normal, geistig voll da, dass dieses Kind sterben wird kam mir nie in den Sinn. Mit diesem Wissen fuhren wir dann nach Hause. Ich behielt das Ganze für mich, da ich wusste das es für meine Frau nicht zu ertragen sein würde. Auch Mia sollte davon nichts erfahren, da ich Angst hatte sie würde sofort in ein Loch fallen. Ob das jetzt gut oder schlecht war kann ich nicht sagen, es war meine Entscheidung und ich hielt es für richtig. Mia wurde dann nochmals bestrahlt um ihre Lebenszeit zu verlängern. Man merkte aber wöchentlich, wie sie abgebaut hat. Sprechen viel zunehmend schwerer, Müdigkeit wurde immer schlimmer, Beweglichkeit immer weitere Einschränkungen, Essen und Trinken viel ihr immer schwerer, auch ihre Medikamente einnehmen gestaltete sich zunehmend schwieriger. Sie ging aber weiter zur Schule, das war ihr wichtig, auch wenn sie danach meistens den Nachmittag verschlafen hatte, wollte sie ihre Freunde sehen.
Ihr 11. Geburtstag wurde dann nochmal riesengroß gefeiert, mit all ihren Freunden, Clown usw. in dem Wissen das es ihr letzter sein wird.
Im Dezember 2021, der Geburtstermin am 16.12 stand an und meine Frau ging ins Krankhaus um Leonard per Kaiserschnitt auf die Welt zu bringen. Am Tag zuvor war nochmals Mias Immuntherapie in Würzburg. Als wir zu Hause waren, machten wir am Abend zuvor noch ein schönes Familienbild mit bemalten Bauch. Meine Frau verabschiedete sich von Mia und ging am nächsten Morgen ins Krankenhaus. Das Kind kam gesund zur Welt, die Nachricht erfreute Mia, sie schlief abends ein und war glücklich. Mitten in der Nacht wachte ich dann auf, Mia hatte schlimmen Husten, Lungen waren extrem verschleimt. Dieses Problem hatten wir aber schon einmal und hatten für solche Situationen ein Inhaliergerät. Es wurde dadurch auch schnell wieder besser. Am Morgen, bevor meine Frau mit unserem Sohn nach Hause kam, verschlechterte sich Mias Situation aber drastisch, sie bekam nur schwer Luft und konnte nicht mehr abhusten. Als dann meine Frau mit Leonard nach Hause kam, Mia ihren Bruder sah, sie wusste das es ihm gut geht, ihre Mama wohl auf ist, hat sie ihr Lebenswille endgültig verlassen, sie wollte noch Mama und ihren Bruder sehen, so schien es. Sie kam ins Krankenhaus, es wurde festgestellt des der rechte Lungenflügel schon voll mit Schleim war, die Funktion eingestellt hatte. Sie bekam Beruhigungsmittel bzw. Schmerzmittel und kam dann etwas zur Ruhe, ich war bei Ihr, konnte aber ihren Zustand nur schwer ertragen, ich musste dann raus und sagte ihr das ich morgen Vormittag wieder da bin, wenn sie wach wird und in der Nacht ihre Physiotherapeutin da ist, sollte irgendetwas sein komme ich aber gleich wieder rein, sagte ich ihr. Dies nickte sie noch mit einem Lächeln ab und schlief dann ein.
Zu Hause angekommen, konnte ich nicht schlafen. Als dann um 3 Uhr morgens das Handy klingelte, hatte ich schon ein komisches Gefühl. Mia ist friedlich eingeschlafen, sagten sie mir und hat das Atmen eingestellt. Mir wurde schlecht, unvorstellbar das mein Kind nicht mehr leben sollte, ich nicht bei ihr war als es passiert ist, die Ärzte waren aber der Meinung das sie nicht losgelassen hätte, wäre ich da gewesen. Sie hätte auch darauf bestanden, hätte ich dableiben sollen. Als meine Frau aufwachte und sie mich ansah wusste sie sofort was passiert war. Wir machten uns auf den weg, auch Oma und Opa, fuhren zu ihr um Abschied zu nehmen. Sie lag in ihrem Bett, als würde sie schlafen, jeden Moment aufwachen, dass tat sie aber nicht. Das Gefühl man hat zu wenig getan überkommt einen, Hilflosigkeit und endlose Trauer überkommen einen. Die Ärzte reden, aber du siehst nur auf dein Kind. Warum mein Kind, warum musste mein Kind mit nur 11 Jahren sterben, fragt man sich und findet keine Antworten. Hat man etwas in seinem Leben falsch gemacht oder warum bestraft Gott ausgerechnet mein Kind, fragt man sich. Aber man findet keine Antworten….
Man hatte gewusst wie es endet, dennoch ändert das alles im Leben.
Der erste Monat war noch gespickt mit Terminen, Beerdigung organisieren, Versicherungen anrufen etc. Danach kam dann die Stille die meine Frau schnell nicht mehr ertrug und ärztliche Hilfe benötigte. Ich stürzte mich in Arbeit und verdrängte die Erinnerungen. Man war für die Kinder da, sie sollten ein normales Leben haben, auf die eigenen Bedürfnisse nahm man keine Rücksicht. Dieser jahrelange Stress führte dann dazu, das sich bei mir ein Nierenstein gebildet hatte, trotzdem bin ich weiter Arbeiten gegangen, mit Harnleiterschiene, Blasenentzündungen und Schmerzen bis dieser entfernt wurde. Bis vor gut 6 Wochen war ich auch in der Arbeit, machte täglich Überstunden, stellte mich neuen Aufgaben, bis mein Körper die Reißleine zog. Das äußerte sich mit geplatzten Adern in der Nase, Brustschmerz, Schwindel, extreme Angstzustände bzw. Verlustängste… Seitdem bin ich Arbeitsunfähig, in psychologischer Behandlung, ebenso meine Frau.
Es fiel mir/uns schwer, Hilfe von anderen anzunehmen, wir hatten schon immer alles alleine geregelt. Nur jetzt ist man an einem Punkt, da muss man Hilfe in Anspruch nehmen.
So viel zu unserer Geschichte.
Warum ich diesen Spendenaufruf mache, wir waren letztes Jahr im September in Italien auf einem Campingplatz mit einem Wohnmobil das wir über eine Krebsstiftung gestellt bekommen hatten. Das hat den Kindern sehr gefallen. Leider ist durch die Krankheit unserer Tochter, die Beschaffung eines neuen Autos wegen dem Rollstuhl usw. unser Erspartes erschöpft. Ich würde aber gerne den Kindern bzw. uns nochmal so einen Urlaub ermöglichen. Da aber dieser Urlaub im Moment durch den Bezug des Krankengeldes nicht finanzierbar ist, die Anschaffung eines Wohnwagens ohnehin undenkbar wäre, kam ich auf die Idee, hier vielleicht eine kleine Spende zusammen zu bekommen um sich vielleicht noch einmal diesen Urlaub leisten zu können oder eventuell doch den Traum von einem gebrauchten Wohnwagen erfüllen zu können, sollte tatsächlich mehr zusammen kommen.
Im Namen meiner Familie bedanke ich mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben unsere Geschichte zu lesen und wenn nur ein paar Menschen an uns denken, war es das Ganze schon Wert.
Liebe Grüße Familie Italia