Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen?!
Mein Leben bestand immer darin, meine Familie und Freunde so gut es mir möglich war, zu helfen. Geprägt war es von Schicksalsschlägen, die Jeder schon erlebt hat. Tödliche Krankheiten, durch die ich meine Tante früh verlor. Altersbedingte Sterbefälle. Erkrankungen meiner Mama, die nicht heilbar waren.
Eine stärkere Frau habe ich nie kennen gelernt als meine Mudda 🥹 Sie hatte Rheuma, danach Brustkrebs, kurz darauf Lungenkrebs. Nach der Bestrahlung und Brustabnahme bekam sie Hautkrebs und besiegte auch den! Dann bekam sie Myastenie Gravis und danach ging auch mein Elend los.
Ich habe sie immer begleitet. Nach der Scheidung meiner Eltern war ich ihr Anker. Wir haben alles geteilt; über Dateerfahrungen bis neuste Infos und später auch die Krankheitssorgen... ich stand ihr bei, so gut ich konnte. Habe alle und alles von ihr fern gehalten, damit Sie sich nicht auch noch mit Corona ansteckt. Mit 3 krebsarten und einer Imunkrankheit ist man ja schon 4-fache Risikopatientin.
Am Ende war ich es, die sich als Einzige dann mit Corona angesteckt hatte. Zeitgleich wurde ich schwanger im Mai 2021. der Verlauf war mild, allerdings ging mein Geruchssinn ein paar Wochen nicht mehr, dann war es eine Woche wieder normal. Aber anschließend war es schlimm. Ich bekam Parosmie. Alles roch und schmeckte für mich nach Verwesung (zumindest stellte ich es mir so vor) und durch die Schwangerschaft wurde es so verstärkt, dass ich nur noch Äpfel und Sojajoghurt runter bekam. Ich hatte dadurch bis Oktober sicher schon 25 Kilo verloren. Kurz nach der Infektion und der Quarantäne wurde zufällig bei einer Lungenpunktion bei meiner Mutter ein Rippenfelltumor entdeckt. Man nennt ihn auch Asbesttumor und ist zu 99% tödlich. Da war wieder die Diagnose Krebs, nur diesmal war es so gut wie endgültig! Wir haben es mit einer Antikörpertherapie versucht! Das Problem war nur, dass eine Nebenwirkung davon Myastenie auslösen oder wie in dem Fall verstärken konnte.
Mama hatte sich lange gequält, wollte für unsere Tochter noch eine gute Oma sein und sie kennen lernen so lange es eben geht. Dazu sollte es nicht mehr kommen. 🥺 Mama starb in der Nacht vom 19. auf den 20. Oktober. Mich hat es innerlich so zerrissen, da wir an dem Abend noch geschrieben hatten, dass sie auf sich aufpassen soll und sie noch meinte: das mache ich, will doch noch eine liebe Oma sein und nicht hier inner Ecke liegen!
Welche Ironie! Mein einziger Trost ist, dass es wohl schnell ging. Woran und wie genau sie gestorben ist, wissen wir nicht. Der Notarzt meinte, dass eine Untersuchung möglich wäre, aber es wahrscheinlich an einer ihrer Krankheiten gelegen hätte. Wir entschieden es dabei zu belassen, geändert hätte es sowieso nichts. Und auf einmal ist dein Leben nicht mehr so wie es war. Deine Mama ist weg. Die Frau, die dir in jeder Lage beigestanden hatte, jeden Blödsinn mitgemacht hatte und jeden Tag mit dir telefoniert hat nur um zu hören, ob es dir gut geht! Meine demenzkranke Oma wohnte neben meiner Mama. Sie hat es immer wieder aufs Neue vergessen! Fragte mich bei jedem Telefonat oder Besuch, wo denn Mama ist und wann sie wieder kommt. Wie soll ich meiner Oma jeden Tag aufs Neue das Herz brechen und mir dabei auch und ihr erklären, dass ihre Tochter gestorben ist?
Ich hatte durch die Mangelernährung und dem psychischen Stress schon keine Kraft mehr auf der Beerdigung zu laufen. Man hat mich mit dem Auto und einem Rollator über den Friedhof gekarrt. Einfach alles zu viel!
Ende November konnte ich dann gar nichts mehr bei mir behalten. Selbst Wasser musste ich immer wieder erbrechen. Damit hat mich mein Mann dann direkt ins Krankenhaus gebracht. Dort wussten sie erstmal lange nicht was ich habe. Von Schwangerschaftsvergiftung über HELP Syndrom bis Gallensteine wurde alles aber nie 100%ig diagnostiziert. Durch die Blutwerte und weiteren Untersuchungen wurde dann festgestellt, dass ich eine Bauchspeicheldrüsenentzündung hatte. Jeden Tag wurden bei mir auch zwei CTGs gemacht, um meine kleine im Auge zu behalten. Parallel hat man mich mit Flüssignahrung versorgt, um mein Kreislauf wieder zu stabilisieren.
Mit entsprechender Medikation war das nach ca 1 1/2 Wochen dann wieder geheilt. Da lag ich dann nach 2 Wochen und dachte es geht wieder aufwärts und ich kann wieder trinken ohne das ich kotzen muss, da kamen auf einmal 5 Schwestern in mein Zimmer und brachten mich ganz hektisch in den Kreißsaal. Schmerzen hatte ich keine. Sie hatten wohl gesehen, dass meine Tochter Stress hat und sie das nun über den Ultraschall untersuchen wollen. Nach ungefähr 4 Stunden wurde ich dann für einen Notkaiserschnitt fertig gemacht und in den OP gebracht. Da man mir zuvor eine Thrombosespritze gegeben hatte, ging es nur noch mit Vollnarkose. Mein Mann war übrigens von Mitte Dezember bis kurz vor der Entlassung mit mir im Krankenhaus geblieben. Er war also bei mir und ist mir bis auf den OP Saal, nicht von meiner Seite gewichen! Wofür ich unfassbar dankbar bin!
Unsere kleine Tochter war also geholt worden. Es hatte sich herausgestellt, dass sie zu viel Druck auf das Gehirn bekam, da das Gehirnwasser nicht ablaufen konnte. Nachdem man einen Schand legte, ist zwar das Hirnwasser abgelaufen, aber bekam dann eine Hirnblutung. Eine Blutung hatte sie wohl schon in meinem Bauch gehabt. Aber durch den Druck und die zweite Blutung ist zu viel am Gehirn zerstört worden. Das EEG hat das bestätigt. Ich hatte es vor dem Kaiserschnitt geträumt, das man uns sagt wir sollen uns verabschieden, dachte aber durch den Stress, den Tod meiner Mama und alles, dass es deswegen ist. Die 8 Tage in den sie da war, waren ein auf und ab der Gefühle. Erst war sie endlich auf der Welt. War groß für ihr Alter, war sonst völlig gesund, hat sich bewegt und geschmatzt. Aber es waren nur Reflexe. Wie dein Herz zerspringt, wenn die Krankenschwester dir ein Prospekt der sternenkinderfotografen in die Hand drückt...
dann atmete sie auf einmal alleine. Wir sollten also nun entscheiden wie es weiter geht. Menschen die selber atmen, sollten nicht beatmet werden, aber wenn sie dann aufhört... sollen wir sie gehen lassen oder wieder intubieren? Wir haben uns entschieden sie los zu lassen, wenn sie dann doch nicht mehr atmen kann und sie nicht mehr kämpfen kann. Wir wollten sie nicht nur am Leben lassen; damit es uns besser geht. Was für ein Leben wünsche ich meiner Tochter? Ist es überhaupt Leben, wenn man nichts selbst machen kann, nichts fühlt, schmeckt, riecht, hört und sieht? Wenn ich keine Freude oder Schmerz empfinden kann und nie mitbekommen werde, wie schön das Leben sein kann? Denn so wäre es gewesen. Ständige Dunkelheit, kein Empfinden, kein gar nichts. Das wollten wir nicht!
mein Vater, mein Bruder, die Eltern meines Mannes und sein Bruder und unsere Trauzeugen und Paten von Johanna kamen um sich von ihr zu verabschieden. Dann haben wir sie zusammen mit dem Fotografen, auf ihrem letzten Weg begleitet. Sie hat 5 Stunden alleine geatmet und konnte dann nicht mehr. Sie ist dann am 18.12. eingeschlafen und nun bei ihrer Oma und wartet auf uns! Es hat mich innerhalb von nicht mal ganz zwei Monaten zweimal innerlich zerrissen... ich hatte einen Tag dann Halluzinationen. Mein Kopf wollte da dann wohl endlich mal eine Pause! Am nächsten Tag hatte ich Probleme mit den Augen. Sie schnellten von rechts nach links als ich mich konzentrierte auf einen Punkt. Ich hatte nach einer Woche im Krankenhaus Missempfindungen, Kribbeln und Taubheitsgefühle in Armen und Beinen. Das wurde aber auf die Mangelernährung und fehlender Bewegung geschoben. Als das mit den Augen dazu kam, hörten sie sofort auf mit der Flüssignahrung und machten bei mir ein MRT. Da stellte sich eine zentrale pontine Myelinolyse raus. Die Umhüllung meiner Nerven, die im Nacken zusammen laufen, ist weg. Das kommt sehr selten vor, wenn man einen bestimmten Wert im Körper schneller ausgleicht, als er verschwunden ist. Durch corona, der Schwangerschaft und Mangelernährung war mein Elektrolythaushalt so gestört, dass das durch die zu schnelle Zugabe von Flüssignahrung ausgelöst wurde.
Die Folge dessen war, dass meine Arme und Beine mit Lähmung, Schmerzen und ständigem Kribbeln beschäftigt waren. Dazu kam ja noch, dass ich mich mit der Bauchspeicheldrüsenentzündung auch nicht mehr aus dem Bett bewegen konnte. Somit sind meine Muskeln ebenfalls in den 1 1/2 Monaten verkümmert. Die anschließende Reha brachte mir gar nichts. Ich hatte trotz dreimaliger Nachfrage, in der 1. Woche nicht einmal Physio gehabt und daraufhin nannte man mich "unmotiviert", damit hatte sich die Frage, ob ich verlängern will, komplett erübrigt!
Mittlerweile bin ich wieder zuhause und mache hier so viel wie möglich selbst. Von Physio zuhause, über Übungen täglich bis Pedale treten, habe ich alles in Bewegung gesetzt, um wieder auf die Beine zu kommen. Mittlerweile kann ich am Rollator alleine laufen, kann Treppen steigen mit Abstützen und Absicherung vorne und war sogar schon zu einem Tagesausflug mit der Firma in Hamburg. Es war unfassbar anstrengend, aber es ging mit vielen Pausen.
mein Mann und ich haben auch unsere Hochzeitsfeier nachgeholt. Ich war froh, dass meine Mama beim Standesamt dabei war und das Kleid bei der Anprobe gesehen hatte. Wenn sie schon nicht mehr dabei sein konnte weiß ich, dass sie es so aber wenigstens vor ab schon erleben konnte. Jede kleinste Situation bringt mich aus der Fassung. Ich weine oft, wenn ich meine Mama normalerweise angerufen hätte, um mit ihr über Johanna zu reden, mich zu trösten oder einfach nur um Blödsinn zu reden. Wie oft ich kleine Babys sehe und an meine kleine Maus denke und das ich das so mit ihr nicht erleben werde... jede Werbung mit Mamas oder Babys zerfetzt mir das Herz. Aber die Sonne hilft, das Grab, die Bilder und der Gedanke, dass sie beide uns ein Leben gewünscht hätten in dem wir weiter machen und sie ehren und vermissen, aber nicht an der Trauer kaputt gehen!
mir hilft es zu schreiben, drüber zu reden, ich würde meine Geschichte gerne teilen, um anderen Mut zu machen und ihnen zu helfen solch schlimme Sachen zu überstehen. Ich habe auch Tage dazwischen, an denen es mir schlecht geht und ich lieber im Bett bleiben würde als aufzustehen. Aber ich bemühe mich meine Mama stolz zu machen und ein gutes Vorbild für meine Tochter zu sein, auch wenn sie nicht mehr da sind.
All die anderen Probleme nebenbei machen alles nicht einfacher. Meine Oma, der es schlechter geht nach all dem und nun im Pflegeheim ist, mein Bruder, dem es nicht gut geht und sein Leben nicht in den Griff bekommt. Mein Mann, der Borderliner ist und auch mit allem klar kommen muss. Er hat meine Mama damals gefunden ...
Die Gründe für meine Spendensammlung sind einfach: wir haben hohe Rechnungen bekommen durch den Krankenhausaufenthalt von mir und meinem Mann. Zudem sind wir eigentlich für Mama (zwei Straßen unter ihrer Wohnung) und für Johanna (um ein vernünftiges Kinderzimmer zu haben) auch im Dezember umgezogen. Unsere Freunde und Verwandten haben das organisiert, da wir ja permanent im Krankenhaus waren. Dann Renovierungen in der alten Wohnung, die Beerdigung meiner Mama und unserer Tochter, die Kinderzimmermöbel, die Hochzeitsfeier (die wir brauchten um mal wieder was Positives zu erleben und unsere Freunde und Verwandte mal wieder zu sehen). Dann der Badumbau, der nötig ist damit ich auch alleine mal Duschen kann. Die Krankenkasse übernimmt zwar einen großen Teil, aber eben nicht alles. Es sind so viele Kosten angefallen, dass wir nun nichts mehr machen können, da alles für den Ausgleich unserer Schulden drauf geht. Eigentlich brauchen wir ein neues kleineres Auto mit Automatik, damit ich auch bald vielleicht wieder fahren kann. Oder mal ein langes Wochenende im nahen Ausland, damit wir mal eine Auszeit nehmen können nach all dem. Ich brauche neue Klamotten, da ich insgesamt 48 kg abgenommen habe in der Zeit. Oder wir einfach mal ins Kino wollen oder Ähnliches.
ich bitte nicht gerne um Almosen. Ich würde es auch irgendwie zurück geben wenn ich könnte. Daher möchte ich meine Geschichte auch verbreiten, um manchen vielleicht eine Hilfe sein zu können, damit sie selbst wieder Mut fassen.
Genau genommen habe ich die Seite bereits seit Anfang September im Browser, weil ich Spenden für Mama sammeln wollte, um ihr noch ein paar Wünsche erfüllen zu können. Hätte ich gewusst, dass wir nur noch 2 Monate haben, hätte ich mich schneller darum gekümmert. Nun brauchen wir aber ein Wenig Hilfe und sind über jeden kleinsten Cent glücklich, den man uns nach all dem spenden mag.
bei Fragen, Anregungen, Tipps oder anderer Hilfe: [email protected]
Vielen lieben Dank