Puh, also ich weiß gar nicht, wie ich beginnen soll. 2015 merkte ich, dass meine Beine irgendwie anders aussahen als die meiner Freundinnen. Ich hatte schon fast immer mit Übergewicht zu kämpfen, aber irgendwas war komisch an meinen Beinen. Ich wusste, dass da irgendwas nicht stimmte. Aber ich hatte einfach keine Ahnung und schob es immer auf mein Übergewicht. Es wurde mit der Zeit immer schlimmer. Ich fühlte mich zunehmend unwohl und begann meinen Körper zu bedecken. Auch bei 30 Grad im Schatten trug ich lange Hosen. Hauptsache, niemand sah meine grausamen Beine…
2021 war es dann soweit. Ich sah auf meiner YouTube-Startseite ein Video namens "Warum meine Beine so dick sind" von der Creatorin DominoKati. Ich hatte mich da sofort angesprochen gefühlt, also klickte ich darauf. "Lipödem". Daran litt die Youtuberin, deren Beine meinen sehr ähnlich sahen. Daraufhin folgte ein Arztbesuch, und die Vermutung hatte sich bestätigt. Ich hatte ein Lipödem Stadium 2 an Armen und Beinen. Ich saß erstmal Zuhause und weinte. "Wieso muss ich so eine Krankheit haben? Wieso kann ich nicht aussehen wie andere junge Mädchen in meinem Alter?". Es gab verschiedene Möglichkeiten, diese Krankheit zu behandeln. Die Ärztin erzählte mir von den Operationen. Im gleichen Atemzug sagte sie: "Fangen Sie schon mal an zu sparen." Um die 10.000 Euro könnten die OPs kosten. Da wurde mir bewusst, dass ich diese Krankheit erstmal nicht loswerde. Ich klagte gegen die Krankenkasse, spielte jedes Ass, das ich mir irgendwie aus dem Ärmel schütteln konnte. 2 nervenaufreibende Jahre vergingen. Vergeblich. Die Krankenkasse würde nicht zahlen. Ich war so am Ende. "Ich werde für immer hässlich bleiben und diese Schmerzen ertragen müssen. Ich werde mich weiterhin blamieren, weil ich mit den Anderen körperlich nicht mithalten kann". Aber dann kam mir die Idee, mir Hilfe zu suchen. Ich eröffnete eine Spendenseite und habe meine Geschichte öffentlich gemacht.
Ich war so perplex, als ich sah, wie schnell und vor allem wie viel Geld man mir sandte. Spenden von Menschen, mit denen ich schon ewig keinen Kontakt mehr hatte. Menschen, die ich gar nicht kannte. Menschen, von denen ich es nicht erwartet hatte. Ein Mensch, der mein absolutes Idol als Kind war. Ich war so überwältigt. Das Spendenziel konnte zwar nicht erreicht werden, aber es konnte mir eine riesige Last abnehmen. Durch die großzügigen Spenden und die Unterstützung meiner Eltern konnte die erste OP also geplant werden. Im August 2023 war es soweit. Ich begann mit den Armen. Im Oktober 2023 folgte dann die erste OP an den Beinen. Jetzt im Januar 2024 kam die letzte Operation, ebenfalls an den Beinen. Und jetzt sind wir in der Gegenwart angekommen. Ich sitze hier und schreibe diese Zeilen und weiß nicht, was ich sagen soll. Die ersten Worte, die meine Gefühle beschreiben, sind wahrscheinlich: Freiheit, Dankbarkeit und Erleichterung. Ich war mir nicht bewusst, dass sich das Leben so anfühlen kann. So unbeschwert. Ich kann rennen, springen und endlich tanzen. Es ist ehrlich überwältigend. Dieses Gefühl übermannt mich sogar so sehr, dass die ganzen grausamen Gedanken an mein Spiegelbild, keine Rolle mehr für mich spielen. Ich habe nach wie vor keine wunderschönen Beine, aber die brauche ich auch nicht mehr. Meine Beine geben mir inzwischen so viel mehr als nur ein schönes Spiegelbild. Sie geben mir ein neues Leben. Und das Schöne ist, dass meine Narben mich immer daran erinnern werden. Sie stehen für den Schmerz, den ich überwinden konnte. Für die ganze Kraft, die in mir geschlummert hat. Für die Dankbarkeit, die ich für alle empfinde, die das möglich gemacht haben. Danke, dass ihr mich auf meiner Reise begleitet habt.
In Liebe Elli <3